Schlafende Berge

Schla­fen­de Rie­sen – Fel­sen, Wäl­der und Bur­gen decken sie zu – und nun erwa­chen sie.
Das waren wohl die ers­ten losen Fet­zen die mir auf einer Zug­fahrt nach Prag durch den Kopf wusel­ten. Soweit so unspek­ta­ku­lär. Dann kam mir die Fra­ge wie Rie­sen (die rich­tig gro­ßen ver­steht sich) wohl für uns aus der Nähe aus­se­hen wür­den. Zum Bei­spiel deren Haar­wuchs. Bart­stop­pel­wäl­der sind mir nicht groß genug. Auf der Suche nach Inspi­ra­ti­on bin ich auf fol­gen­de Auf­nah­men gesto­ßen:
Mikroskopische Aufnahme als Inspiration für die Geschichte der Riesen und die Entstehung der Berge.
Mikro­sko­pi­sche Auf­nah­me kugel­för­mi­ger Spo­ren, die als Vor­la­ge für Skiz­zen und Beschrei­bun­gen der Vege­ta­ti­on auf den Ber­gen die­nen könn­te.

Geeig­net für mit Magie gesät­tig­te Set­tings, könn­ten hier ähn­lich anmu­ten­de Pflan­zen und Trie­be aus dem Erd­bo­den wuchern und die Bewoh­ner zu mys­ti­schen Geschich­ten und Erklä­run­gen inspi­rie­ren.

Neben der Behaa­rung besit­zen Rie­sen natür­lich auch diver­se uner­forsch­te Kör­per­öff­nun­gen. Hier­bei ist der Begriff Höh­le zwar recht ver­brei­tet, aber in sei­ner Bedeu­tung völ­lig irre­füh­rend, denn Rie­sen sind alles ande­re als hohl. Man kennt aller­höchs­tens die äuße­ren Ein­gän­ge und wenn man den tief grol­len­den Klän­gen aus der Dun­kel­heit Glau­be schenkt, dann kann es sich nur um gefähr­li­che und aus­ge­hun­ger­te Höh­len­be­woh­ner han­deln.
Ein­zig die Ältes­ten der alten Zwer­gen­frau­en ken­nen noch den wah­ren Ursprung des Knur­rens aus dem Ber­gen. Vor­aus­ge­setzt man hat viel Geduld und ver­trägt liter­wei­se Zwer­gen­bier aus Por­zel­lant­as­sen*, dann erzäh­len sie einem viel­leicht die fol­gen­de Geschich­te:

Rie­sen sind Wesen, die sich einst schla­fen leg­ten haben, als die Göt­ter ihr letz­tes Weib­chen im Kampf der Gigan­ten töte­ten. Den Kampf ver­lo­ren und ohne ein Ziel, leg­ten sie sich für ewig schla­fen. Auf ihrer Haut bil­det sich seit jeher unab­läs­sig Fels und Gra­nit. Zunächst bil­de­ten sich klei­ne Hügel, spä­ter gan­ze Ber­ge und wo die letz­ten Rie­sen im Kampf eine Schlacht­li­nie bil­de­ten sieht man heu­te gan­ze Gebirgs­zü­ge. Für alle die eben erst dazu­ge­kom­men sind: Unter jedem Berg liegt ein schla­fen­der Rie­se, je grö­ßer der Berg, des­to älter der Rie­se.
Nun ist es so, dass auch heu­te noch eini­ge Ber­ge in Bewe­gung sind und grö­ßer wer­den, aller­dings nur falls der Rie­se unter ihm noch am Leben ist. Sobald ein Rie­se sei­nen letz­ten Atem­zug ver­braucht hat, bil­det sich kein neu­er Fel­sen mehr über ihm. Die Wäl­der wer­den kahl, die Tie­re wan­dern ab, kurz der Berg stirbt. Das ers­te Anzei­chen für die letz­ten Momen­te im Leben eines Rie­sen ist das ver­sie­gen aller Quel­len im Berg. Denn als sich die Rie­sen schla­fen leg­ten waren sie in tie­fer Trau­er, über ihr bis in alle Ewig­keit wäh­ren­des Schick­sal und den kom­men­den Unter­gang ihres Vol­kes, sodass sie weit jeher Trä­nen ver­gie­ßen, die sich den Weg aus dem Ber­gin­ne­ren suchen und schließ­lich Gebirgs­bä­che bil­den. Das Ver­sie­gen von Quel­len gilt daher nicht ohne Grund als schlech­tes Omen.
Will noch jemand eine Tas­se? Noch ist das Bier schön heiß…

In den ver­lo­ren­ge­gan­gen Schrif­ten des Höh­len­for­schers Sigi­bert aus Sil­ber­stadt gab es aben­teu­er­li­che Behaup­tun­gen über die sym­bio­ti­sche Part­ner­schaft zwi­schen den Rie­sen und Ber­gen. Für lan­ge Zeit ver­focht er die Theo­rie , der Rie­se selbst bestehe bloß aus vie­len win­zig klei­nen Krü­mel­we­sen, konn­te sich aber nicht gegen den Glau­ben der All­ge­mein­heit und die Geschich­ten der Zwer­ge durch­set­zen.
Aller­dings immer noch ein Rät­sel bleibt die Her­kunft von flüs­si­gem Gestein, Erzen, Metal­len, Edel­stei­nen und den Hor­den leuch­ten­der Pil­ze im Berg.

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* mit kit­schi­gen Axt­mo­ti­ven…

3 thoughts on “Schlafende Berge”

  1. Da stellt sich mir doch sofort die Fra­ge, wie ein toter Berg aus­sieht. Fel­si­ge Auf­wür­fe ohne jedes Leben, kahl und unfreund­lich? Der Wind fegt eis­kalt über den blan­ken Stein, so dass kein Leben, nicht ein­mal das kleins­te und zusam­men­ge­krümm­tes­te dort über­le­ben kann. Wie dann wohl erst ein Fried­hof die­ser Rie­sen aus­se­hen mag?

    Hei­ßes Bier in Tas­sen??? LOL!Refe­rence

    1. Ein Fried­hof die­ser Rie­sen ist ein totes Gebir­ge. Irgend­wann wer­den mal alle Ber­ge tot sein, denn auch die Rie­sen haben ein begrenz­tes Alter und fort­pflan­zen kön­nen sie sich nicht mehr. Aller­dings wer­den noch Äonen ver­ge­hen bis auch der letz­te Rie­se sein Leben aus­ge­haucht hat. Das wer­den wir nicht mehr erle­ben und vie­le Genera­tio­nen nach uns auch nicht. König­rei­che ent­ste­hen und ver­ge­hen wäh­rend nur eines ein­zi­gen Atem­zu­ges. Ver­mut­lich wird es auf die­ser Welt kei­ne Men­schen und Zwer­ge mehr geben, wenn es soweit ist.

  2. Was das Set­ting angeht, so kann ich mir vor­stel­len, dass es zu »Wur­zel­wald« passt. Low Fan­ta­sy aus der Sicht der »Klei­nen Völ­ker«. Eine Welt mit weni­gen Men­schen, die einer har­ten Arbeit nach­ge­hen und in klei­nen Hüt­ten woh­nen und einer gro­ßen Men­ge an beseel­ter Natur und spre­chen­den Wesen: Eulen, Zwer­gen, Kat­zen, Trol­le, Rie­sen, Elfen, Feen, Nym­phen und Bäu­me.

    Und da unse­re Prot­ago­nis­ten so klein sind, ist es schon eine Her­aus­for­de­rung einen gro­ßen Karp­fen zu jagen, ein gefähr­li­ches Ereig­nis, zu wel­chem der gan­ze Stamm auf­bricht. Wei­te­re Aben­teu­er: Einen Bach stau­en, eine Rie­sen­höh­le erkun­den oder eine Luchs jagen.Refe­rence

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